Die Corona Krise 07

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Aktuelle Ausbildungssituation, Teil 2

Auf geht’s ins Ausbildungsjahr 2021!

Hans-Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks e.V. (ZDH), hat es bereits im April gegenüber der dpa in klare Worte gefasst: „Es darf keine Corona-Ausbildungslücke entstehen!“ Wollseifer forderte die Arbeitgeber des Handwerks eindringlich dazu auf, auch während der Pandemie auszubilden. „Azubis, die jetzt nicht ausgebildet werden, fehlen in der Zukunft als Fachkräfte.“ Wie also ist die Situation des Ausbildungsmarktes im Bereich des Handwerks, insbesondere im Umfeld der EnergieGemeinschaft RheinMain?

Die gute Nachricht vorweg: Zwar konnten auch die hiesigen Handwerker kaum mit der Wucht der noch immer nicht bewältigten Corona-Pandemie rechnen. Allerdings erwies sich die Branche auch in dieser schwierigen Zeit als flexibel, kreativ und optimistisch. Hier sprechen die Zahlen eine klare Sprache: Die Auftragsbücher sind voll und auch die Ausbildungssituation ist weiterhin stabil.

Die Handwerkskammer Rhein-Main hat uns zu den neuen Ausbildungsverträgen die folgenden Zahlen genannt:

  • Elektroniker*innen = 211 Neuverträge
  • Anlagenmechaniker*innen für SHK-Technik = 212 Neuverträge
  • Schornsteinfeger*innen = 31 Neuverträge

Wie steht es um die Auswirkungen der Pandemie auf die Ausbildungssituation?
Wie viele Betriebe die Ausbildungsprämie in Anspruch genommen haben und ob womöglich Ausbildungsverhältnisse coronabedingt aufgelöst werden mussten, ist bisher nicht bekannt. Für einen detaillierteren Überblick haben wir die Innungen aus Frankfurt und die Kreishandwerkerschaft Main- und Hochtaunus um branchenspezifische Einschätzungen der gegenwärtigen Lage gebeten. Dabei ergibt sich ein differenziertes, insgesamt aber positives Bild:

Vorsichtiger Optimismus bei der Elektroinnung
Andreas Heinzelmann, Ausbildungsbeauftragter der Innung für Elektro- und Informationstechnische Handwerke Frankfurt am Main, nennt für das beginnende Ausbildungsjahr eine Zahl von 88 Neuverträgen. Er rechnet allerdings damit, dass diese Zahl bis zum Beginn des neuen Ausbildungsjahres noch steigt. In Bezug auf eine mögliche Inanspruchnahme der Ausbildungsprämie durch angeschlossene Betriebe liegen der Innung keine Daten vor. Man geht aber davon aus, dass diese Prämie in der Regel nicht in Anspruch genommen werden musste.

Ein eklatanter Anstieg der Kündigung von Ausbildungsverträgen aufgrund der Corona-Pandemie ist nach seiner Aussage nicht erkennbar. Allerdings blieb die Zahl der Neuverträge 2020 deutlich hinter den Erwartungen zurück, was auch 2021 noch erkennbar sei. Andreas Heinzelmann sagt dazu: „Im Jahr 2020 hatten wir ein Minus an Neuverträgen in Höhe von rund 20 Prozent. Dies hat gleich mehrere Gründe: Zum einen haben die Betriebe zu Beginn der Pandemie und der damit verbundenen Unsicherheit mit Zurückhaltung reagiert. Zum anderen – und hier sprechen wir vermutlich vom Hauptargument – scheinen die Jugendlichen sich auch oftmals dazu entschieden zu haben, in der unsicheren Situation die Schule weiterzuführen. Die Perspektive, in einem Ausbau-Handwerk eine Ausbildung zu machen und auf der Baustelle täglich anderen Personen zu begegnen, schien – im Hinblick auf das Infektionsrisiko –wohl dem einen oder anderen Jugendlichen (und dessen Eltern) deutlich unattraktiver, als die Pandemie ‚auf der Schulbank auszusitzen‘.“

Schornsteinfeger sind „quasi systemrelevant“
Thomas Rühlemann, Stellv. Obermeister und Berufsbildungswart der Schornsteinfegerinnung Rhein-Main, ist insgesamt positiver gestimmt. Demnach wurden in den Innungen Rhein-Main und Darmstadt 2021 insgesamt 31 Neuverträge abgeschlossen. „Mehr als 2020“, so Rühlemann. Ziel sei aber immer, im Verhältnis zur Anzahl der Innungsmitglieder mindestens 10 Prozent neue Ausbildungsverträge p. a. abzuschließen. Bei 180 Mitgliedern in der Darmstädter Innung und 217 in der Schornsteinfegerinnung Rhein-Main wurde dieses selbstgesteckte Ziel deutlich verfehlt. Zwar betont Thomas Rühlemann, dass das Schornsteinfegerhandwerk „quasi systemrelevant“ sei und daher auf gesunden Füßen stehe. Ausbildungsprämien wurden daher nicht in Anspruch genommen und Corona-bedingte Entlassungen habe es nicht gegeben. Dennoch sei die Suche nach neuen Auszubildenden schwieriger geworden. Zwar versuche man, direkt bei den Kund*innen neue Auszubildende zu werben, und böte auch virtuelle Ausbildungsmessen an. Diese wurden laut Thomas Rühlemann aber nur zum Teil wahrgenommen und es erwies sich als schwierig, das persönliche Gespräch mit möglichen Bewerbern zu finden.

Corona erschwert die Azubi-Suche im gesamten Handwerk
Auch Peter Sachs, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Main- und Hochtaunus, spricht die Schwierigkeiten direkt an: „[…] Corona hat natürlich die Azubi-Suche zusätzlich erschwert. In Schulen sind kaum Beratungen möglich. Azubimessen finden nicht statt. Praktika sind fast nicht möglich. Beide Seiten haben wegen Corona Angst. Lehrverträge werden im Handwerk traditionell spät eingereicht. Doch wir werden in diesem Jahr voraussichtlich einen Tiefstand an neuen Lehrverträgen haben.“

Fazit

Die Handwerksbetriebe im Bereich der EGRM stehen auf gesunden Füßen und halten das Angebot an Ausbildungsplätzen weiterhin aufrecht. Sicher wird die ersehnte und hoffentlich bald erreichte Entspannung im Hinblick auf die Corona-Pandemie dazu führen, dass wieder mehr junge Leute eine Ausbildung im Handwerk beginnen möchten.

Die Corona-Pandemie wirkt sich auch auf die Ausbildungssituation in den Betrieben aus: Die Innungen melden einen deutlichen Rückgang an neuen Ausbildungsverhältnissen, die Gesamtstimmung ist dennoch positiv.

A. Heinzelmann

„Im Jahr 2020 hatten wir ein Minus an Neuverträgen in Höhe von rund 20 Prozent.” Andreas Heinzelmann, Ausbildungsbeauftragter der Innung für Elektro- und Informationstechnische Handwerke Frankfurt am Main.

Keine Kündigungen bei den Betrieben

Glücklicherweise mussten seit Beginn der Corona-Pandemie keine Ausbildungsverhältnisse gekündigt werden.

 

Fazit

Die Handwerksbetriebe im Bereich der EGRM stehen auf gesunden Füßen und halten das Angebot an Ausbildungsplätzen weiterhin aufrecht. Sicher wird die ersehnte und hoffentlich bald erreichte Entspannung im Hinblick auf die Corona-Pandemie dazu führen, dass wieder mehr junge Leute eine Ausbildung im Handwerk beginnen möchten.