Klimaschutz in Deutschland 07

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Wasserstoff – der grüne Energieträger der Zukunft.

Wasserstoff (H2) gilt als grüner Energieträger der Zukunft. Das kleinste und leichteste Element im Periodensystem soll eine Schlüsselrolle bei der Reduzierung von CO2-Emissionen in Industrie und Verkehr einnehmen. Mit Verabschiedung der nationalen Wasserstoffstrategie hat die Bundesregierung einen Maßnahmenplan vorgelegt, um dies zu erreichen und die Voraussetzungen für eine wettbewerbsfähige Wasserstoffwirtschaft in Deutschland zu schaffen.

Wasserstoff birgt großes Potenzial, da er fossile Energieträger in gleich mehreren Sektoren – Strom, Wärme, Industrie und Verkehr – ersetzen und somit wesentlich zum Erreichen der Klimaneutralität bis 2050 beitragen kann. Damit dies gelingt, müssen Forschung und Innovation vorangetrieben, Märkte geschaffen und Investitionen mobilisiert werden.

Da Wasserstoff häufig nicht dort eingesetzt werden kann, wo er erzeugt wird, sollen die Nutzung der bestehenden Transport- und Verteilinfrastruktur des Gasnetzes sowie der integrierten Gasspeicher für den Wasserstofftransport geprüft werden. Neben Nutzung und Transport zählen die Bereiche Erzeugung und Speicherung zu den drei Säulen des Wasserstofflebenszyklus.

Die drei Wasserstoffregionen in Hessen

In Hessen geht man mit gutem Beispiel voran: „Es gibt derzeit viele Förderprojekte auf Bundesebene im Bereich des Wasserstoffs“, sagt Oliver Eich, Projektleiter Wasserstoff und Brennstoffzellen bei der LEA (LandesEnergieAgentur Hessen GmbH). „Wir sehen anhand der drei bereits laufenden Projekte, welche positive Dynamik das Thema in unseren hessischen Regionen entwickeln kann.“

Das BMVI fördert mit dem bundesweiten Wettbewerb „HyLand – Wasserstoffregionen in Deutschland“ regionale Innovationsprojekte für Wasserstoff und Brennstoffzellen für jeweils bis zu zwei Jahren in drei Stufen. Damit sollen Kommunen und Regionen motiviert werden, je nach Ausgangslage erste Ideen für integrierte Konzepte zu entwickeln, Pläne zu konkretisieren sowie diese umzusetzen.  

In der ersten Ausschreibungsrunde 2019 wurden Frankfurt am Main, Fulda und Marburg-Biedenkopf zu hessischen Wasserstoffregionen ernannt. Mithilfe der Fördergelder und professionellen Beratungspakete der LEA arbeiten die Regionen seitdem gemeinsam mit kommunalen und privaten Unternehmen an der Entwicklung von Grundlagen- und Feinkonzepten für Wasserstoff und Brennstoffzellen.

Vom HyStarter zum HyExpert

Als HyStarter arbeiten in Marburg-Biedenkopf regionale Akteure in einem Netzwerk aus Bildung, Industrie und Mobilität an mögliche Anwendungsfeldern der Wasserstoff-Technologie. Die Universitäts- und Wissenschaftsstadt Marburg bietet sich als Wissens- und Bildungshub optimal an, während der Landkreis eine hohe Industriedichte mit vielen Automobilzulieferern aufweist.

In den beiden HyExpert-Regionen Frankfurt am Main und Fulda werden währenddessen bereits konkrete Feinkonzepte erstellt und berechnet. In Fulda arbeitet man an der Umsetzung des Konzepts „HyWheels“. Sophia Beyer, Klimaschutzmanagerin der Stadt Fulda, sagt: „HyWheels ist ein starkes Konzept für wasserstoffbasierten Logistikverkehr, für das sich schon jetzt andere Regionen interessieren.“

Wie der Wasserstoff, der künftig Lkw und andere Logistikfahrzeuge antreibt, erzeugt wird, damit beschäftigt sich die Stadt Frankfurt gemeinsam mit der Mainova AG als Projektpartner. „Aus Müll wird Mobilität, ist der Wahlspruch von MH2Regio, unserem Konzept für eine Wasserstoff-Infrastruktur in und um Frankfurt am Main“, erläutert Kristian Junker, Projektleiter bei Mainova. So soll künftig ein Teil der klimafreundlichen Energie aus dem Müllheizkraftwerk in der Frankfurter Nordweststadt zur Erzeugung von Wasserstoff genutzt und beispielsweise für den Antrieb von Logistik- und Spezialfahrzeugen sowie Bussen und Binnenschiffen eingesetzt werden.

Hessen als führender Wasserstoff-Standort

Darüber hinaus haben sich in Hessen sieben führende Unternehmen aus den Bereichen Energieversorgung, Chemie und Mobilität zusammengeschlossen, um gemeinsam mit der Landespolitik Hessen zu einem führenden Standort bei der Zukunftstechnologie Wasserstoff zu entwickeln. Dadurch ergeben sich große Wachstumschancen für die hessische Wirtschaft, und ein signifikanter Beitrag zur Dekarbonisierung Hessens wird geleistet. Aus Sicht der Partner ist Wasserstoff neben Industrie und Verkehr auch in der leitungsgebundenen Energiewirtschaft und im Gebäudesektor langfristig unverzichtbar. Für den Erfolg der Wasserstoffstrategie halten die Partner zwei Faktoren für wesentlich: Bei der Erzeugung des Energieträgers bis zur Erreichung einer grünen Wasserstoffwirtschaft sollte auf Technologieoffenheit gesetzt und auch das Klimaschutzpotenzial von blauem und türkisem Wasserstoff genutzt werden.

Grüner Wasserstoff ist das Ziel

Damit eine grüne Wasserstoffwirtschaft möglichst bald erreicht werden kann, hat sich ein neues Leistungszentrum in Hessen zum Ziel gesetzt, grüne Materiallösungen für die Wasserstoffwirtschaft zu entwickeln und die Zuverlässigkeit von Wasserstoff-Systemen sicherzustellen. Das von der Fraunhofer-Einrichtung für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie IWKS und dem Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF initiierte Zentrum untersucht eine Vielzahl von Elementen, Materialien und Systemen, die für die Erzeugung, Speicherung und Nutzung von Wasserstoff benötigt werden.

Internationale Großprojekte sorgen für den Marktdurchbruch

Den weltweiten Marktdurchbruch wird Wasserstoff jedoch vor allem aufgrund der zahlreichen Großprojekte anderer Länder gelingen. Dabei dürfte die Produktion grünen Wasserstoffs als erstes an Standorten mit besten Voraussetzungen für das Gewinnen von Solar- und Windenergie wettbewerbsfähig werden. Dazu zählen vor allem Länder wie Algerien, Australien, Chile mit seiner Atacama-Wüste, Saudi-Arabien sowie Spanien, Marokko und die Ukraine.

Für den Transport kommen Gas-Pipelines in Frage, die wesentlich günstiger sind als der Transport per Schiff.  Diese müssen in der Regel jedoch noch entsprechend abgedichtet und vor allem durch Kompressoren verdichtet werden. Denn Wasserstoff ist besonders flüchtig. Ein attraktives Geschäftsfeld für Rohrsanierer, Industriedienstleister und Kompressoren-Hersteller. Das vielleicht größte Projekt zum Aufbau eines H2-Pipeline-Netzes ist das von elf Netzbetreibern in zehn europäischen Ländern vorangetriebene „European Hydrogen Backbone“-Projekt. Ziel ist der Aufbau eines H2-Pipeline-Netzes von 23.000 Kilometern Länge bis 2040.

Beste Voraussetzungen sowohl für den Transport als auch für Produktion grünen Wasserstoffs hat Russland mit einer etwa tausendfach höheren Kapazität an Onshore-Windkraft im Vergleich zu Deutschland. Eine Transport-Infrastruktur existiert ebenfalls bereits zwischen Russland, Zentralasien, dem Südkaukasus und der EU. Die Pipelines, durch die heute Öl und Gas zu uns strömen, können auf Wasserstoff umgestellt werden. Die Zeichen stehen damit gut, dass Wasserstoff in den nächsten Jahren eine wichtige Schlüsselrolle beim Erreichen der Klimaziele einnimmt und sich gleichzeitig positiv das Wachstum der Wirtschaft auswirkt.

Grüner Wasserstoff

Nur Grüner Wasserstoff ist wirklich klimafreundlich. Er wird durch Elektrolyse von Wasser hergestellt, wobei ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien zum Einsatz kommt.

Weitere Farb-Kategorien:

Obwohl Wasserstoff ein farbloses Gas ist, wird er je nach Herstellungsverfahren nach verschiedenen Farben kategorisiert:

Grauer Wasserstoff: Wird aus fossilen Brennstoffen gewonnen. In der Regel wird bei der Herstellung Erdgas unter Hitze in Wasserstoff und Kohlendioxid (CO2) gespalten. Das CO2 wird anschließend ungenutzt in die Atmosphäre abgegeben. Bei der Produktion einer Tonne Wasserstoff entstehen rund 10 Tonnen CO2.

Blauer Wasserstoff: „Blau“ nennt man den Wasserstoff, der traditionell wie der graue hergestellt wird, bei dem aber das entstehende CO2 gebunden und nicht in die Atmosphäre abgegeben wird.

Türkiser Wasserstoff: Hierbei entsteht durch thermische Spaltung von Methan (Erdgas) kein CO2, sondern fester Kohlenstoff. CO2-neutral ist dieses Verfahren aber nur, wenn die thermische Energie aus erneuerbaren Energiequellen stammt und der Kohlenstoff dauerhaft nicht verbrannt wird.

Roter Wasserstoff: Herstellung unter Einsatz von Kernenergie

Partner-Unternehmen für den Aufbau von Hessens Wasserstoffwirtschaft

  • Heraeus Precious Metals GmbH & Co. KG
  • Infraserv GmbH & Co. Höchst KG
  • Mainova AGMesser Group GmbH
  • Opel Automobile GmbH
  • Rhein-Main-Verkehrsverbund GmbH
  • Viessmann Deutschland GmbH
Infraserv Höchst hat 2006 die erste Wasserstoff-Tankstelle für Pkw in Betrieb genommen.

„Die drängenden Fragen zur Energieversorgung und den Mobilitätskonzepten der Zukunft werden nur mit der Chemieindustrie beantwortet werden können“, Dr. Joachim Kreysing, Geschäftsführer von Infraserv Höchst.

 „Als weltweit größter privat geführter Industriegasespezialist mit Sitz in Hessen ist es für uns eine Selbstverständlichkeit, das Land auf dem Weg zur Klimaneutralität effektiv zu unterstützen.“ Stefan Messer, Eigentümer und CEO der Messer Group GmbH

„Opel hat eine lange Tradition in der Entwicklung von Wasserstoff-Fahrzeugen, auf der wir nun aufbauen. Wir glauben an die Brennstoffzelle – vor allem in größeren Fahrzeug-Klassen – und werden bereits in diesem Jahr eine Flotte von wasserstoff-betriebenen Vivaro-Transportern an den Start schicken.“ Michael Lohscheller, CEO der Opel Automobile GmbH

 „Egal, ob auf der Schiene oder im Busverkehr – Wasserstoffantriebe eröffnen uns neue Möglichkeiten für eine noch klimafreundlichere Mobilität. Der RMV hat deshalb 27 mit Wasserstoff betriebene Züge bestellt und bringt so die weltweit größte Zugflotte dieser Art im Personenverkehr auf die Schiene. Darüber hinaus beschaffen wir zwei mit Wasserstoff betriebene Busse, um weitere Erfahrungen zu sammeln, wie der öffentliche Nahverkehr die Vorteile dieses Treibstoffs noch besser nutzen kann.“ Prof. Knut Ringat, Geschäftsführer des Rhein-Main-Verkehrsverbunds.

Wussten Sie?

Bis zum Jahr 2030 sollen mind. 5 GW Elektrolysekapazitäten installiert werden. Davon werden 2GW  für den Einsatz grünen Wasserstoffs bei der Kraftstoffherstellung in Raffinerien sowie an erneuerbaren Stromproduktionskapazitäten eingesetzt. Bis zum Jahr 2035 wird außerdem die Ausweitung um weitere 5 GW Elektrolyseleistung angestrebt, spätestens bis 2040.