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Verkaufen oder vererben: Unternehmensnachfolge richtig planen

Was vor Jahren in ländlichen Regionen begann, erreicht auch die Metropolen. Denn auch hier sind zahlreiche Handwerksunternehmen inhabergeführt. Wohl dem, der sich auf die klassische Nachfolgeregelung stützen und das Unternehmen an Sohn oder Tochter vererben kann. Derlei Handwerks-Dynastien werden allerdings seltener. Umso deutlicher wird die Nachfolgeproblematik erkennbar. Laut Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) stehen in den nächsten fünf bis sechs Jahren rund 200.000 Übergaben von Handwerksbetrieben an die nächste Generation an, andernfalls droht die Schließung. Es handelt es sich um ein Fünftel aller deutschen Handwerksbetriebe.

Natürlich sind die verschiedenen Handwerksbranchen unterschiedlich stark von diesem Phänomen betroffen. Laut ZDH liegt das Durchschnittsalter der deutschen Installateure und Heizungsbauer bei 50 Jahren, Tendenz steigend. „Macht man sich zu spät oder überhaupt keine Gedanken über den Fortbestand eines Betriebes, kann das im schlimmsten Fall sogar die Existenz gefährden“, so die dringliche Warnung des ZDH. Neugründungen im Handwerk hingegen haben Seltenheitswert. KfW Research nennt für das Jahr 2001 noch 1,5 Millionen neugegründete Handwerksbetriebe, bis 2016 sank diese Zahl auf 672.000. Michael Schwartz, Autor der Studie von KfW Research, erkennt die Gründe vor allem in der guten Konjunktur. Wer einen gut bezahlten Job im Angestelltenverhältnis bekommen kann, hat wenig Gründe, das Wagnis einer beruflichen Selbstständigkeit einzugehen.

Arbeiten bis zum Umfallen – und nach mir die Sintflut?
Selbstständige Handwerksmeister sind bekannt für Gründlichkeit und Fleiß. Darum lassen auch nur sehr wenige pünktlich mit dem Eintritt ins Rentenalter den Hammer fallen, sondern halten den Betrieb weiterhin am Laufen. Doch irgendwann fordert das Alter selbst bei dem fittesten Handwerker seinen Tribut. Die Handwerkskammern empfehlen daher, sich bereits zehn Jahre vor der theoretisch möglichen Rente mit einer Nachfolgeregelung zu befassen. Das ist nicht nur aus rein praktischen Gründen nicht einfach. Gerade dann, wenn sich nur schwer ein geeigneter Nachfolger finden lässt, können gestandene Unternehmer nur schwer loslassen und in Rente gehen.

Nachfolgeberater raten zu einem schrittweisen Vorgehen, um die Nachfolge praktisch wie emotional besser bewältigen zu können.

  • Wer kommt als Nachfolger infrage? Ganz klar, dass der Betrieb nicht in falsche Hände gelangen soll. Wer sich frühzeitig nach einem potenziellen Nachfolger umschaut, kann dabei immer wieder neu abwägen, auf neue Gedanken kommen und alte Ideen verwerfen. Zwar kann der Betrieb auch in vollkommen fremde Hände gegeben werden. Die Erfahrung zeigt aber, dass frühzeitig planende Handwerksmeister ihre Nachfolger in sehr vielen Fällen in der Region oder gar im persönlichen Umfeld finden. Gerade dann gibt es die Möglichkeit, für eine gewisse Zeit Seite an Seite mit dem Nachfolger zu arbeiten, dabei Wissen und Erfahrung weiterzugeben und das Unternehmen anschließend mit einem guten Gefühl zu verlassen.
  • Was kommt danach? Wer sich über die Zukunft seines Betriebes keine Gedanken mehr machen muss, kann einen ganz neuen Lebensabschnitt beginnen. Es kommt aber darauf an, diesen mit neuen Inhalten zu füllen. Ansonsten besteht die Gefahr, in Lethargie zu versinken oder sich doch viel zu stark im abgegebenen Betrieb einzubringen.
  • Welche Qualitäten muss ein Nachfolger mitbringen? Langjährig erfahrene Unternehmer haben ganz klare Vorstellungen davon, wie ein Betrieb „perfekt“ zu leiten ist. Allerdings ist Perfektion auch Ansichtssache und ein Handwerksbetrieb kann davon profitieren, dass der Generationenwechsel auch in anderer Hinsicht für frischen Wind im Unternehmen sorgt. Kleine offensichtliche Fehler werden jedem Jungunternehmer passieren und sollten nicht dazu führen, dass man als ehemaliger Chef nicht mehr ruhig schlafen kann. In den meisten Fällen entwickelt der Nachfolger eine gute Routine und führt den Betrieb in eine ebensolche Zukunft.
  • Was, wenn die Kinder die Nachfolge nicht antreten wollen? Selbst wenn der Nachwuchs in der gleichen Branche arbeitet wie Vater oder Mutter: Eine Selbstverständlichkeit der Unternehmensübernahme lässt sich daraus nicht ableiten. Kommt der Sohn oder die Tochter nach reiflicher Überlegung zu dem Schluss, das elterliche Unternehmen nicht weiterführen zu wollen, zeugt dies nicht von Feigheit, sondern eher von Größe. Nicht jeder sieht sich in der Position des selbstständigen Unternehmers, selbst wenn es sich um den Familienbetrieb handelt.
  • Wo kann man sich über die Unternehmensnachfolge austauschen? Wenn viele Menschen vor ähnlichen Herausforderungen stehen, lassen sich diese gemeinsam aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten. Die Handwerkskammern können einen Kontakt zu geschulten Beratern und externen Mediatoren herstellen sowie Handwerker zusammenbringen und Betroffene miteinander vernetzen.

Den Betrieb schon vor dem Wechsel an der Spitze zukunftsfähig machen
Nicht nur die Frage der Nachfolge will gelöst sein. Gleichzeitig muss der Betrieb den Anforderungen seiner Zeit gewachsen und organisatorisch auf die Zukunft ausgerichtet sein. Die gute Nachricht ist, dass sich beide Herausforderungen gut miteinander verknüpfen lassen. Der Bodenleger-Betrieb Kreusel aus dem thüringischen Mühlhausen ist dafür ein schönes Beispiel. Als Nico Kreusel den Bodenleger-Betrieb des Vaters Anfang 2021 übernahm, waren ihm die Strukturen des Familienunternehmens natürlich lange bekannt. Als gelernter Kaufmann brachte er gleichzeitig frischen Wind in das Unternehmen, indem er Verwaltungsprozesse vom Angebot bis zur Rechnungsstellung digitalisierte. Rund 2.000 Euro jährliche Kosten werden für die Nutzung einer Enterprise-Ressource-Planning-Lösung (ERP) fällig, die sich durch die gewonnene Zeit aber locker amortisieren.

Als ehemaliger Chef bleibt Jörg Krause dem Unternehmen emotional verbunden, weiß das Lebenswerk bei seinem Sohn aber gut aufgehoben. „Für meinen Vater sind digitale Tools zwar noch Teufelszeug“, so Nico Krause lachend, „doch sieht auch er, wie sie uns die Hände freihalten.“

Alle Beiträge im Überblick:

Beitrag 1: Verkaufen oder vererben: Unternehmensnachfolge richtig planen (dieser Beitrag)

Beitrag 2: Unternehmen Zukunft: Wer folgt nach?

Beitrag 3: Neue Serie: Unternehmensnachfolge im Handwerk

Wenn Sie trotz intensiver Bemühungen bisher niemanden für Ihre Nachfolge gefunden haben, steht Ihnen die Industrie- und Handelskammer (IHK) gerne mit Rat und Tat zur Seite. In der Nachfolgebörse nexxt-change finden bestehende Unternehmen und potenzielle Nachfolgekandidaten zusammen. Laut IHK können Sie hier rund 10.000 stets aktuelle Inserate durchblättern und bei Interesse Kontakt zu potenziellen Nachfolgern aufnehmen.

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat auf seiner Internetseite zahlreiche Informationen zum Thema Betriebsnachfolge zusammengestellt. Hier finden Sie News zum Thema, aktuelle Interviews sowie Links und hilfreiche Adressen.