Unternehmensnachfolge im Handwerk

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Neue Serie: Unternehmensnachfolge im Handwerk

125.000 Handwerksbetriebe suchen in den kommenden Jahren eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger. Diese Zahl wird bis Ende 2030 weiter ansteigen. Doch im Handwerk herrscht Fachkräftemangel und nur wenige junge Menschen wagen sich in die berufliche Selbstständigkeit.

Für die 24-jährige Konditormeisterin Hannah Längin aus dem Bodenseekreis stand der Wunsch, sich selbstständig zu machen, schon während ihrer Ausbildung fest. Trotz mancher Schwierigkeiten möchte sie das freie und zeitlich unabhängige Arbeiten in ihrer eigenen Bio-Patisserie heute nicht mehr gegen einen Job im Angestelltenverhältnis tauschen. 

So viel Pioniergeist junger Handwerkerinnen und Handwerker wünscht man sich in allen Branchen. Doch er ist leider die Ausnahme. Ein Umstand, der neben dem Fachkräftemangel, den Schwierigkeiten in der Materialbeschaffung und der sich anbahnenden Energiekrise ein nicht minder gravierendes Problem darstellt. In früheren Zeiten konnten sich Handwerksmeister darauf verlassen, den Betrieb beizeiten an den Sohn oder die Tochter weitergeben zu können. Und auch die nächste Generation wuchs nach und nach in den Betrieb hinein, um irgendwann selbst dessen Leitung zu übernehmen. Nach wie vor gibt es Handwerksbetriebe, die auf eine solche Familientradition zurückblicken können. Zahlreiche werden in den kommenden Jahren auf den Sohn oder die Tochter übergehen. Eine Selbstverständlichkeit ist das allerdings nicht mehr. 

Praktische Beispiele aus der Region
Anhand einiger Betriebe aus der Region möchten wir Ihnen zeigen, dass viele Wege zum Erfolg führen können. In den kommenden Monaten werden Sie in unserem Newsletter weitere, praktische Beispiele finden, wie unterschiedliche Betriebe die Unternehmensnachfolge gehandhabt haben. Aber auch Berichte von Betrieben, die sich noch in der Umsetzung befinden. Dazu geben wir nützliche Tipps zum Unternehmenstransfer. Dabei hat sich eines schon jetzt als besonders wichtig herauskristallisiert: Die Kommunikation zwischen dem übergebenden und dem übernehmenden Unternehmer ist von zentraler Bedeutung für den Erfolg. Die Beispiele finden Sie rechts in der Randspalte.

Das Problem ist nur teilweise hausgemacht
Eine Umfrage des Zentralverbandes des deutschen Handwerks (ZDH) in Zusammenarbeit mit bundesweit 40 Handwerkskammern legt viele Zahlen schonungslos offen. Demnach haben sich mehr als 60 Prozent der Befragten nicht auf den Generationenwechsel vorbereitet. Jeder zweite Befragte hat sich noch nicht für eine Form der Übergabe entschieden. Und eine konkrete Strategie für den Generationenwechsel gibt es in lediglich 20 Prozent der Unternehmen. 

Es wäre jedoch zu einfach, das Hauptproblem als Bequemlichkeit der Unternehmerinnen und Unternehmer abzutun. Denn oftmals findet sich schlicht und ergreifend keine gleichermaßen interessierte wie qualifizierte Person für die Nachfolge. Die Gründe hierfür sind vielfältig: So besteht an einer Nachfolge innerhalb der eigenen Familie oft kein Interesse. Auch die demografische Entwicklung und die Situation am Arbeitsmarkt sind nicht gerade hilfreich bei der Übergabe an eine neue Generation. Viele junge Handwerkerinnen und Handwerker ziehen ein Angestelltenverhältnis mit sicherem Einkommen und klarer Urlaubsregelung der vermeintlich riskanten Selbstständigkeit vor.

Wie viel kostet eigentlich ein Handwerksunternehmen?
Während sich die Kosten für die eigene Dienstleistung klar in Euro und Cent beziffern lassen, lässt sich diese Frage ungleich schwieriger beantworten: Was ist der Wert des eigenen Unternehmens? Der Steuerberater findet auf diese Frage oftmals ganz andere Antworten als die Handwerkskammer oder eine unabhängige Unternehmensberatung. Die beiden Letztgenannten sind jedoch die besseren Ansprechpartner, da sie mit detaillierten, ertragsorientierten Verfahren arbeiten. Beinahe widersprüchlich erscheint die Feststellung, dass der größte Teil der Unternehmerinnen und Unternehmer den Verkauf des eigenen Handwerksbetriebs einer Schenkung, Verpachtung oder Überlassung per Leibrente vorziehen. Dennoch halten fast 40 Prozent eine Bewertung des Unternehmens für nicht erforderlich. 

Das sieht der auf mittelständische Unternehmensnachfolgen spezialisierte Unternehmensberater Ingo Claus anders: „Eine Unternehmenswertermittlung zwingt einen Übergeber, sich sehr intensiv mit seinem Unternehmen auseinanderzusetzen. Über eine ertragswertorientierte Unternehmensbewertung kann ein Unternehmer nicht nur eine realistische Kaufpreiserwartung entwickeln, sondern beantwortet im Rahmen dieses Prozesses bereits eine ganze Reihe von Fragen potenzieller Übernehmer zu seinem Unternehmen.“

Zwei Hürden auf dem Weg zur Unternehmensnachfolge
Im Hinblick auf die Nachfolgeregelung in Handwerksbetrieben gilt es nicht nur auf den Betrieb zu schauen. Leider ist die Wertschätzung für handwerkliche Arbeit in den zurückliegenden Jahren kontinuierlich gesunken. So jedenfalls beschreibt es ein niedersächsischer Tischlermeister in einem Artikel des Instituts für Fach- und Führungskräfte. Demnach hätten Faktoren wie die hohe Verdienstmöglichkeit, eine möglichst geringe körperliche Anstrengung und viel Freizeit einen immer höheren Stellenwert. Die Erfüllung aus körperlicher Arbeit, deren Erfolg man direkt vor Augen habe, bliebe hinter diesen Wünschen meistens zurück. 

Zuerst gilt es daher, das Image von Handwerksberufen wieder aufzupolieren, die mit einer wachsenden Zahl vermeintlich modernerer Tätigkeiten in Konkurrenz stehen. Duale Ausbildungssysteme, zukunftsfähige Arbeitszeitregelungen und eine mögliche Wiedereinführung der Meisterpflicht für zulassungsfreie Gewerke sind drei mögliche Ansätze für die Aufwertung von Handwerksberufen. Mit der Initiative „Unternehmensnachfolge – aus der Praxis für die Praxis fördert das Bundeswirtschaftsministerium 18 Modellprojekte von Handwerksorganisationen, in denen neue Wege zur Ansprache und Unterstützung von potenziellen Nachfolgern erprobt werden. 

Fakt ist: Die Auftragsbücher von Handwerksunternehmen sind derzeit prall gefüllt. Gleichzeitig ist eine Trendumkehr in den nächsten Jahren nicht zu erwarten. Der goldene Boden mag zwar etwas Staub angesetzt haben. Mit allseitigem Mut und frischen Ideen können Traditionsunternehmen dennoch einer glänzenden Zukunft entgegensehen. Und das selbstverständlich auch unter einer jungen Unternehmensführung.

Alle Beiträge im Überblick:

Beitrag 1: Verkaufen oder vererben: Unternehmensnachfolge richtig planen

Beitrag 2: Unternehmen Zukunft: Wer folgt nach?

Beitrag 3: Neue Serie: Unternehmensnachfolge im Handwerk (dieser Beitrag)

Beispiel 1: PM Elektrobau GmbH regelt die Nachfolge auf traditionelle Weise vom Vater auf den Sohn

Insgesamt plant PM Elektrobau mit einem Übergangsprozess, der fünf Jahre andauern soll. Peter und Philipp Mathar wissen dabei natürlich, dass der gemeinsam eingeschlagene Weg ein Glücksfall ist.

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Beispiel 2: Heinz Hildebrand e.K. wird Teil von EAB Elektroanlagenbau GmbH Rhein/Main

„Ich bin davon überzeugt, dass die beiden Unternehmen sehr gut zusammenpassen und wir gemeinsam langfristig erfolgreich sein werden“, sagt Jürgen Reiß, Geschäftsführer Heinz Hildebrand e.K., der sich zu diesem Schritt entschlossen hatte, um die Nachfolgeregelung rechtzeitig in Angriff zu nehmen und das Unternehmen für die Zukunft abzusichern.

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